Andrea Bottlinger und Christian Humberg laden in diesem
Sachbuch auf einen Ausflug in die Geheimnisse der Subkulturen der Geeks ein.
Mit einem Augenzwinkern werden hier interessante Informationen und typische
Trivialitäten feilgeboten, die auch die Autoren als Geeks entlarven.
Den älteren Semestern dürfte Margarete Schreinemakers noch
ein Begriff sein. Frau Schreinemakers moderierte in den Neunzigern eine sehr
beliebte Talkshow auf SAT1. Damals spielte ich Rollenspiele. Was für mich ein
Hobby war, mit dessen Hilfe ich nebenbei mein Englisch aufpolieren konnte, und
was meine Mitschüler bis dahin mit Nichtbeachtung straften, bekam eine ganz
andere Qualität, als sich die besagte Talk-Show dem Thema „Rollenspiel“ in
seiner ureigenen Art und Weise annahm. Ein, zwei Jahre nach der Wende wurde ich
von Klassenkameraden in der Oberstufe gefragt, ob ich mich auch schon mal als
Ork verkleidet und dann im Spiel eine Elfe vergewaltigt hätte.
Das alles nur, weil ich mich bei meinen Klassenkameraden
gegenüber als Rollenspieler „geoutet“ hatte. Dass ein Fernsehformat mit dem
intellektuellen Tiefgang einer Wasserlache keinen Unterschied zwischen dem in
Deutschland noch in den Kinderschuhen steckenden LARP und den
Pen-&-Paper-Rollenspielen machte – und von beidem übrigens wenig Ahnung
hatte –, dürfte wohl klar sein. Außenstehenden sind die Unterschiede auch nicht
so einfach verständlich zu machen. Unversehens fand ich mich in einer Ecke
wieder, von der ich nie erwartet hätte, mehr oder minder öffentlich
hineingestellt zu werden. Zu meiner noch größeren Überraschung hatte mein
Englischlehrer das Format selbst gesehen und bat mich im Englischunterricht,
eine kleine Demorunde zu spielen. Rollenspiel im Unterricht, das fand ich
wiederum richtig gut und es kam bei den Mitschülern auch recht gut an. Jedenfalls
waren danach alle Unklarheiten beseitigt.
Aber wozu nun dieser langatmige Schwank aus meiner Jugend?
Nun das alles ist eines von diesen symptomatischen
Erlebnissen, die man Geek haben mag. Und während der Lektüre von „Geek Pray
Love“ musste ich immer wieder an diese Zeit zurückdenken. Das neue Sachbuch von
Andrea Bottlinger und Christian Humberg befasst sich mit den Geeks in allen
möglichen Facetten. Ähnlich wie im Ratgeber „Sorge dich nicht, Beame!“ werden
die Informationen auf unterhaltsame Weise aufbereitet. An keiner Stelle ist das
Buch trocken, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass die Autoren die
Sachtexte mit einer unterhaltsamen Geschichte untermalt haben. Ähnlich wie bei
„Harry Potter“ führen die Autoren in der Handlung einen Charakter ein, der
Stück für Stück die einzelnen Aspekte des Fandoms erforscht. Der Grundton ist
dabei überdeutlich: Geeks sind Leute, die mit Leidenschaft einem phantastischen
Hobby wie zum Beispiel Cosplay, LARP oder Rollenspiel nachgehen. Dabei wird vor
allem der persönliche Einsatz gewürdigt, egal wie groß oder klein dieser
jeweils ausfallen sollte. Geek ist, wer die Leidenschaft für das jeweilige
Hobby teilt. Wer als Fan von „Star Wars“ einzelne Passagen der Filme auswendig
kann, zählt genauso dazu, wie jemand, der sich als Klingone kostümiert auf
einer Convention präsentiert.
Beleuchtet werden alle möglichen Themen, die der Protagonist
Lukas Lang nach und nach kennen lernt. Das Fandom im Allgemeinen, phantastische
Stammtische, Fanzines, Fanfiction, Cons, Cosplay, LARP,
Pen-&-Paper-ollenspiel und noch viele andere Aspekte dieser Hobbys werden
hier beleuchtet. Daneben gibt es „praktische“, mit einem Augenzwinkern
präsentierte Tipps, wie man sein Leben erfolgreich mit einem Geek teilt, die
passenden Geschenke für Geeks sucht und findet oder wie man einen Geek zur
Weißglut treibt. Man kann auch einen Test durchführen, mit dem man herausfinden
kann, zu welcher Art Geek man zählt.
Die Geschichte um Lukas Lang ist sehr unterhaltsam, wenn
auch im Großen und Ganzen vorhersehbar. Der sympathische Protagonist ist ein
typischer Teenager, der alle Kriterien eines Geeks erfüllt. Daneben wird er von
seinen Mitschülern auch noch massiv gemoppt. Neben den Schulhofschlägern gibt
es aber keine weiteren „normalen“ Personen in seiner Klasse. Die Handlung
beschränkt sich größtenteils auf die Extreme „Geek“ und unsympathischer
Schläger. Der Rest „Normalos“ sind gesichtslose Masse. Ich hätte mir da noch
ein paar andere Charaktere gewünscht, die ein differenzierteres Bild ergeben
hätten. Für eine reine Rahmenhandlung, an denen sich die Sachtexte aufreihen
wi
e die Perlen an einer Schnur, ist die Schwarz-Weiß-Zeichnung die wohl
einfachste Herangehensweise. Das Buch wurde von Martin Frey mit liebevollen
Illustrationen versehen, die im gleichen Stil auch „Sorge dich nicht, Beame!“
geschmückt haben.
Fazit: „Geek Pray Love“ ist ein Sachbuch über die Subkultur
„Geek“, welches sich selbst nicht ganz ernst nimmt. Schließlich geht es hier um
einen Zeitvertreib. Das Buch richtet sich vor allem an Geeks, die sich im
Inhalt auch immer wieder selbst erkennen können. Aber auch Außenstehende, die
sich etwas kundig machen wollen oder auch andere Aspekte kennen lernen wollen,
werden hier fündig. Ich habe das Buch in kürzester Zeit verschlungen und musste
fast an jeder Stelle ein wenig schmunzeln. Meine zehnjährige Tochter hat das
Buch seit Tagen immer wieder in Beschlag genommen und war ebenfalls sehr
begeistert.
Geek Pray
Love – Ein praktischer Leitfaden für das Leben, das Fandom und den ganzen Rest
Sachbuch
Andrea
Bottlinger Christian Humberg
Cross Cult 2014
ISBN: 978-3864254284
320 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 14,80
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