Freitag, 8. Mai 2015

Geek Pray Love – Ein praktischer Leitfaden für das Leben, das Fandom und den ganzen Rest

Andrea Bottlinger und Christian Humberg laden in diesem Sachbuch auf einen Ausflug in die Geheimnisse der Subkulturen der Geeks ein. Mit einem Augenzwinkern werden hier interessante Informationen und typische Trivialitäten feilgeboten, die auch die Autoren als Geeks entlarven.

Den älteren Semestern dürfte Margarete Schreinemakers noch ein Begriff sein. Frau Schreinemakers moderierte in den Neunzigern eine sehr beliebte Talkshow auf SAT1. Damals spielte ich Rollenspiele. Was für mich ein Hobby war, mit dessen Hilfe ich nebenbei mein Englisch aufpolieren konnte, und was meine Mitschüler bis dahin mit Nichtbeachtung straften, bekam eine ganz andere Qualität, als sich die besagte Talk-Show dem Thema „Rollenspiel“ in seiner ureigenen Art und Weise annahm. Ein, zwei Jahre nach der Wende wurde ich von Klassenkameraden in der Oberstufe gefragt, ob ich mich auch schon mal als Ork verkleidet und dann im Spiel eine Elfe vergewaltigt hätte.

Das alles nur, weil ich mich bei meinen Klassenkameraden gegenüber als Rollenspieler „geoutet“ hatte. Dass ein Fernsehformat mit dem intellektuellen Tiefgang einer Wasserlache keinen Unterschied zwischen dem in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckenden LARP und den Pen-&-Paper-Rollenspielen machte – und von beidem übrigens wenig Ahnung hatte –, dürfte wohl klar sein. Außenstehenden sind die Unterschiede auch nicht so einfach verständlich zu machen. Unversehens fand ich mich in einer Ecke wieder, von der ich nie erwartet hätte, mehr oder minder öffentlich hineingestellt zu werden. Zu meiner noch größeren Überraschung hatte mein Englischlehrer das Format selbst gesehen und bat mich im Englischunterricht, eine kleine Demorunde zu spielen. Rollenspiel im Unterricht, das fand ich wiederum richtig gut und es kam bei den Mitschülern auch recht gut an. Jedenfalls waren danach alle Unklarheiten beseitigt.

Aber wozu nun dieser langatmige Schwank aus meiner Jugend?

Nun das alles ist eines von diesen symptomatischen Erlebnissen, die man Geek haben mag. Und während der Lektüre von „Geek Pray Love“ musste ich immer wieder an diese Zeit zurückdenken. Das neue Sachbuch von Andrea Bottlinger und Christian Humberg befasst sich mit den Geeks in allen möglichen Facetten. Ähnlich wie im Ratgeber „Sorge dich nicht, Beame!“ werden die Informationen auf unterhaltsame Weise aufbereitet. An keiner Stelle ist das Buch trocken, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass die Autoren die Sachtexte mit einer unterhaltsamen Geschichte untermalt haben. Ähnlich wie bei „Harry Potter“ führen die Autoren in der Handlung einen Charakter ein, der Stück für Stück die einzelnen Aspekte des Fandoms erforscht. Der Grundton ist dabei überdeutlich: Geeks sind Leute, die mit Leidenschaft einem phantastischen Hobby wie zum Beispiel Cosplay, LARP oder Rollenspiel nachgehen. Dabei wird vor allem der persönliche Einsatz gewürdigt, egal wie groß oder klein dieser jeweils ausfallen sollte. Geek ist, wer die Leidenschaft für das jeweilige Hobby teilt. Wer als Fan von „Star Wars“ einzelne Passagen der Filme auswendig kann, zählt genauso dazu, wie jemand, der sich als Klingone kostümiert auf einer Convention präsentiert.

Beleuchtet werden alle möglichen Themen, die der Protagonist Lukas Lang nach und nach kennen lernt. Das Fandom im Allgemeinen, phantastische Stammtische, Fanzines, Fanfiction, Cons, Cosplay, LARP, Pen-&-Paper-ollenspiel und noch viele andere Aspekte dieser Hobbys werden hier beleuchtet. Daneben gibt es „praktische“, mit einem Augenzwinkern präsentierte Tipps, wie man sein Leben erfolgreich mit einem Geek teilt, die passenden Geschenke für Geeks sucht und findet oder wie man einen Geek zur Weißglut treibt. Man kann auch einen Test durchführen, mit dem man herausfinden kann, zu welcher Art Geek man zählt.

Die Geschichte um Lukas Lang ist sehr unterhaltsam, wenn auch im Großen und Ganzen vorhersehbar. Der sympathische Protagonist ist ein typischer Teenager, der alle Kriterien eines Geeks erfüllt. Daneben wird er von seinen Mitschülern auch noch massiv gemoppt. Neben den Schulhofschlägern gibt es aber keine weiteren „normalen“ Personen in seiner Klasse. Die Handlung beschränkt sich größtenteils auf die Extreme „Geek“ und unsympathischer Schläger. Der Rest „Normalos“ sind gesichtslose Masse. Ich hätte mir da noch ein paar andere Charaktere gewünscht, die ein differenzierteres Bild ergeben hätten. Für eine reine Rahmenhandlung, an denen sich die Sachtexte aufreihen wi
e die Perlen an einer Schnur, ist die Schwarz-Weiß-Zeichnung die wohl einfachste Herangehensweise. Das Buch wurde von Martin Frey mit liebevollen Illustrationen versehen, die im gleichen Stil auch „Sorge dich nicht, Beame!“ geschmückt haben.

Fazit: „Geek Pray Love“ ist ein Sachbuch über die Subkultur „Geek“, welches sich selbst nicht ganz ernst nimmt. Schließlich geht es hier um einen Zeitvertreib. Das Buch richtet sich vor allem an Geeks, die sich im Inhalt auch immer wieder selbst erkennen können. Aber auch Außenstehende, die sich etwas kundig machen wollen oder auch andere Aspekte kennen lernen wollen, werden hier fündig. Ich habe das Buch in kürzester Zeit verschlungen und musste fast an jeder Stelle ein wenig schmunzeln. Meine zehnjährige Tochter hat das Buch seit Tagen immer wieder in Beschlag genommen und war ebenfalls sehr begeistert.

Geek Pray Love – Ein praktischer Leitfaden für das Leben, das Fandom und den ganzen Rest
Sachbuch
Andrea Bottlinger Christian Humberg
Cross Cult 2014
ISBN: 978-3864254284
320 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 14,80


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